NULLARBOR

Mit dem Fahrrad von Sydney nach Perth

Donnerstag, 13.10.2016 3. ETAPPE Mittagong - Goulburn

Habe die Strecke zwischen Mittagong und Goulburn geteilt und bin nun binnen 2 Tagen am Ziel eingetroffen. In Mittagong war die Temperatur über Nacht gefallen. Schon gegen 05.00 Uhr wachte ich auf, weil es mich jämmerlich fror. 4 Grad zeigte das Thermometer. Unvorstellbar, waren es am Abend zuvor noch etliche 20 Grad. Ich zog mir alles an, was ich dabei habe: Radlerhose, darüber die lange Jeanshose, Unterhemd, darüber mein einziges langärmliges Ausgangshemd, darüber das Radlerhemd und die Regenjacke. Duncan kam nochmals vorbei. Ihm war eingefallen, dass er noch ein Satelittennotrufgerät aus der Zeit seiner eigenen Durchquerung hatte. Das wollte er mir vorbeibringen. Dafür nahm er extra eine 2 Stunden Autofahrt von Sydney herauf nach Mittagong auf sich. Soviel Selbstlosigkeit macht mich sprachlos. Gegen 10.00 Uhr startete ich, hatte mit Duncan nochmals den Weg besprochen und wieder begann der Kampf mit dem Gegenwind, dem machte es offensichtlich Spaß, mich mit meinen schweren Satteltaschen hin und her schaukeln zu lassen. Ich hatte also beide Hände voll zu tun, mich auf den Verkehr zu konzentrieren, die Spur zu halten und vorwärts zu kommen, als plötzlich etwas gegen meinen Kopf flog und dann nochmal und noch einmal. Verdammt, das war ein Magpie. Magpies sind australische Vögel, vergleichbar in Aussehen und Größe, mit einer Krähe. Die brüten von August bis Oktober und sind in dieser Zeit recht aggressiv. Sie fliegen meist 2 - 3 Angriffswellen und drehen dann wieder ab. Sie machen sich über Fußgänger und vornehmlich über Radfahrer her. Angriffsziel ist immer der höchste Punkt des Objekts, also in der Regel der Kopf ?. Noch zweimal war ich Ziel solcher Angriffe, als ich plötzlich merkte, dass sich vor mir die Straße verbreiterte und ich geradewegs auf den Freeway zufuhr. Freeway ist vergleichbar mit unserer Autobahn, in der Mitte ein Grünstreifen und mindestens 4spurig. Auch hier gibt es einen Standstreifen, der mit dem Fahrrad befahren werden darf. Kein Vergnügen, neben rasenden PKWs und donnernden Trucks her zu fahren. Völlig genervt und mit brennenden Beinen errichte ich Marulan, mein Zwischenetappenziel.

Am nächsten Morgen erwachte ich früh. Ich musste an mein Enkelkind denken, das den ersten Geburtag feiert. Schmerzlich die Kleine nicht in den Arm nehmen zu können. Whatsapp-Videos helfen da ein bisschen. Draußen war es wieder eisig kalt ( 3 Grad), bei stahlblauem Himmel und heftigem Wind aus West. Also wie gehabt. Gleiche Bekleidungstechnik, nur den Helm habe ich präpariert. Habe die Angriffspunkte nach oben versetzt und an der Rückseite des Helms befestigt, weil die Magpies die Augen scheuen, sollten sie durch die zusätzliche Brille abgeschreckt werden.
So ausgerüstet machte ich mich auf den Weg und noch bevor ich Marulan verlassen hatte, kam wieder einer von hinten, traf mich jedoch nicht und drehte ab. Hatte der die Brille hinten nicht gesehen? Danach beschloss ich zurück auf den Freeway zu gehen und dort meine Fahrt fortzusetzen. Dort bleibt man wenigstens von der Vogelwelt verschont. Inzwischen habe ich mich an meine Reisegeschwindigkeit gewohnt. Wenn ich 12 - 15 km in der Stunde schaffe, bin ich schon mit mir zufrieden. So bin ich auch jetzt zufrieden, dass ich die Strecke nach Goulburn geschafft habe und früh genug in meinem Quartier eingetroffen bin um diesen Bericht zu schreiben.

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